AM94 – Brief an Walter Gropius
Toblach, Samstag, 29. Juli 1911


29ter

Abends.

Mein

Eben Deine 3 Briefe. Bitte reise nicht vor einem Telegram[m] ab, das ich an Dich richten werde. Es handelt sich darum. Die von der hustet seit gestern und wir sind in der größten Angst, dass sie Husten erwischt hat. Das wäre nun schrecklich. Rosés soll\t/en am Montag von mir weg gehen – ihre Liebe zu mir ist aber so groß, dass sie im Dorf Toblach gemiethet haben und bleiben bis zum 9ten August. —

Alles wird sich nun in den nächsten Tagen entschei-

den – wenn sie den Husten hat, dann bleiben sie länger bei mir. Dann gnade mir Gott!! Ich bitte Dich: komme, wenne ich telegraphire. – Ich denke so – 4–5. – Ich huste stark und es soll 14 Tage dauern[,] bis der Husten sich voll entwickelt. Keuchhusten habe ich gehabt!! –

Willst Du kommen, ohne Angst, es selbst zu bekommen, so komme – aber erst, an dem Datum, dass [!] ich angeben werde. —

Willst Du mich wirklich sehen – hustend, elend aussehend, – so komme also dann. —


Ich bin außerdem im Bett – bin nicht ganz wohl[.] –

und waren heute aus Schluderbach hier – übersiedelt am Dienstag zu mir. Alles wäre leicht u. heiter, wenn der verdammte Husten nicht wäre!!! – So weiß ich nun gar nicht, was geschieht. Glücklich wäre ich, wenn ich Dich endlich da hätte! Auch mir kommt es nun fast undenkbar vor. Und, dass es so bald sein soll! Wenn ich nur schon ganz wohl wäre! – Es ist für mich Kaum vorstellen kann ich mir uns – in der ersten, ungehetz-

ten Stunde des Alleinseins. – Werde ich Dich wieder so lieben – so über alle Grenzen hinaus wie damals – als ich Dir in dem finstern Gang – zu Deinem Schrecken – sagte: [„]Ich will ein Kind von Dir!!“

Ich glaube doch, ich habe recht gehabt. Und ein homogenetisches Kind wären wir im Stande zu erschaffen – wir, die wir uns ja fast ähnlich sehen. Ich hoffe, dass ich Dich wieder gerade so lieben werde. —


Apparat

Überlieferung

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Quellenbeschreibung

2 Bl. (4 b. S.) – Briefpapier.

Beilagen

Umschlag, , Berlin-Wilmersdorf | Nicolsburgerplatz 4. G. IV | Herrn Walter Gropius; PSt. (lt. , S. 531, Nr. 112): TOBLACH 2 | 30 | 7 | 1 N | 11 | c; von WG mit einer 18 versehen (Zur Nummerierung von Alma Mahlers Briefumschlägen); fremdschr. Datierungsversuch nach Übergabe an : „29 Juli | (HLG) | 1911 (SB)“.

Druck

Erstveröffentlichung.

Korrespondenzstellen

Antwort auf WG177 vom 28. Juli 1911 (Ich habe mich so eingerichtet, am Montag Abend abfahren u Dienstag Mittag bei Dir sein zu können): Eben Deine 3 Briefe. Bitte reise nicht vor einem Telegram[m] ab, das ich an Dich richten werde. […] so komme – aber erst, an dem Datum, dass [!] ich angeben werde und WG178 vom 28. Juli 1911 (Deine Nähe erscheint mir als etwas unerreichbar Schönes, dessen Erfüllung fast mein Begriffsvermögen fast übersteigt): Auch mir kommt es nun fast undenkbar vor.

Datierung

Datiert durch AM und Poststempel: 29ter Juli 1911.

Übertragung/Mitarbeit


(Elisabeth Behnle)
(Pia Schumacher)


A

3 Briefe – aus den Entwürfen WG177 und WG178, jeweils vom 28. Juli 1911.

B

Guckis Husten – s. AM92 vom 27. Juli 1911 und AM93 vom 29. Juli 1911.

C

Rosés und mit ihren Kindern und .

D

[„]Ich will ein Kind von Dir!!“ – Zitat wahrscheinlich aus der Zeit des Kennenlernens in Tobelbad, vgl. AM5 vom 20. Juli 1910.

E

homogenetisches Kind – vgl. AM47 vom 17. November 1910: Du hast alles […] Schön und rein an Körper und Seele – noble Rasse.